Gute Führung?

Was die Amerikaner zur Zeit – neben fehlendem Material – am meisten beklagen, ist mangelnde Führung seitens der Regierung, genauer: seitens des Präsidenten. Schuldirektoren entscheiden, ob ihre Schulen geschlossen werden, weil keine Anweisung von oben kommt. Bürgermeister geben Regeln für ihre Gemeinden aus, Landesregierungen entscheiden selbst, was erlaubt und was verboten ist.

Weil es kein einheitliches Konzept gibt, herrscht Durcheinander. Das fördert die Ausbreitung des Virus. Und die Verunsicherung der Menschen. Das ist in den USA immer ein kritischer Punkt, bei über 150 Millionen Handfeuerwaffen im Land.

Die Verhaltensanweisungen aus dem Weißen Haus kamen zu einem Zeitpunkt, als Städte und Landkreise all das bereits individuell geregelt hatten.

Immer noch sind die Regeln relativ locker, und es fehlt weiterhin an Beatmungsgeräten, Schutzkleidung und Atemschutzmasken, vor allem für das medizinische Personal, aber auch für die Bevölkerung. 3,5 Milliarden würden davon im Laufe eines Jahres gebraucht, hat jemand ausgerechnet. Bei 350 Millionen Menschen erscheint das nicht viel. Erste Lieferungen sind eingetroffen. Jetzt müssten sie nur auch verteilt und getragen werden.

Aber die Pressevertreter sitzen beim nachmittäglichen Präsidententermin ohne Mundschutz dicht nebeneinander.

Und Donald Trump bringt in seiner Presseerklärung wieder die übliche Mischung aus Eigenlob, unverständlichen Andeutungen und unbegründeten Anschuldigungen. Aber lassen wir das, es ist unsere Zeit nicht wert.

Ganz anders wurde die Rede von Angela Merkel an die Nation gewertet, die sie vor einigen Tagen gehalten hat. Ihre unprätentiöse Sachlichkeit, die Eindringlichkeit haben Eindruck gemacht in den USA. In einem Artikel wurde sie  "Leader of the free World" genannt – eine Bezeichnung, die traditionell eher das Amt des amerikanischen Präsidenten bezeichnet. Aber da kann von guter Führung schon lange nicht mehr die Rede sein.

Immer mehr macht sich in den Staaten die Sorge breit, dass Trump dem Land massiven Schaden zufügt und China den USA den Rang als führende Weltmacht ablaufen könnte. Dies vor allem auch, weil die erratische Politik des launischen Präsidenten das Vertrauen in die amerikanische Stärke untergräbt und Verbündete auf Distanz gehen lässt. Es mehren sich Artikel, die ihm ganz offen die Eignung für das Amt absprechen.

Die Abwendung ehemals treuer Verbündeter von den USA wird vielleicht dazu führen, dass sie sich untereinander, ohne die einst unangefochtene Führungsmacht, enger abstimmen und an Stärke zulegen Für die Europäer wäre es eine Gelegenheit, an Gewicht zu gewinnen und eine vierte Kraft zwischen USA, Russland und China zu werden. Ob das als EU gelingen kann, ist allerdings fraglich, dafür ist das Bündnis zu uneins und zu träge.

Deutschland hat international einen guten Ruf, nicht zuletzt auch in arabischen Ländern. Das wäre ein wichtiges Pfund in der Zukunft. Bislang mangelte es jedoch an außenpolitischem  Selbstbewusstsein und einem zukunftsweisenden Konzept – auch für Deutschland selbst.

Oder ist es nicht allein ein Problem der Politik, dass wir uns zu wenig Gedanken darüber machen, wohin wir eigentlich wollen?

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